Die AfD als Watschenmann

„Sehr geehrter Herr Walde, ‚hart aber fair‘ heißt eine bekannte Fernsehsendung, die von Ihrem Kollegen Frank Plasberg moderiert wird. Ob dieser dem Anspruch ‚hart aber fair‘ in allen Fällen gerecht wird, sei mal dahingestellt. Dass Ihr Interview mit Alexander Gauland diesem Anspruch nicht gerecht worden ist, das steht für mich zweifelsfrei fest. Ihre Voreingenommenheit gegenüber Gauland und der Partei, die er vertritt, empfand ich eher als abstoßend. Weil ich (parteilos) darüber so empört war, habe ich mir Ihre Sendung aus dem Internet heruntergeladen.“ – „Ihre Voreingenommenheit zeigte sich schon von Anfang an dadurch, dass Sie die – in der Geschäftsordnung des Bundestages so festgelegte – von der AfD verlangte Überprüfung der Beschlussfähigkeit des Bundestages als ‚Kniff‘ bezeichnet haben. Wie sich herausgestellt hat, war der Bundestag zum Zeitpunkt der Überprüfung tatsächlich nicht beschlussfähig. Worin liegt also der ‚Kniff‘, wenn so verfahren wird, wie es die Geschäftsordnung vorschreibt?“
Im Bundestag wegen der AfD und gegen sie Regeln gebrochen
„Was die Verteilung der Vorsitzenden von Ausschüssen angeht, sind durch den Bundestag bisher alle ‚Traditionen‘ gebrochen worden, wonach der führenden Oppositionspartei die Leitung bestimmter Ausschüsse übertragen worden ist. Das fing schon damit an, dass der Bundestag rechtzeitig vor seinem Zusammentritt nach der Wahl – es war am 01.06.2017 – beschlossen hat, dass künftig das am längsten dem Parlament angehörende Mitglied den neugewählten Bundestag in der konstituierenden Sitzung als Alterspräsident eröffnen soll. Grund: Es drohte die ‚Gefahr‘, dass, bliebe man bei der jahrzehntelangen Regelung, ein Angehöriger der AfD die Eröffnungsrede halten würde. Das bezeichne ich als ‚Kniff‘. Sollte die AfD, sehr geehrter Herr Walde, darüber jubeln?“
Sich für ein Ende der Ära Merkel aussprechen ist keine Straftat
„Dass sich die AfD für das Ende der Ära Merkel ausspricht: Ist das eine Straftat? Nein, das ist es nicht: Dafür wurde die AfD von annähernd sechs Millionen unbescholtenen Wählern gewählt, die auch dieser Auffassung sind. Und wenn die AfD den Bundestagspräsidenten und zwei seiner sieben (!) Stellvertreter nicht wählt: Warum muss sie sich dafür rechtfertigen? Stellen Sie sich mal vor, Sie würden anlässlich einer Bundestagswahl aus der Wahlkabine kommen und müssten sich für Ihre Wahlentscheidung rechtfertigen. Da möchte ich mal hören, was Sie dazu sagen. Sie werden Ihre Gründe gehabt haben, sich so oder so zu entscheiden. Die AfD hatte die auch. Dr. Gauland hat sogar auf Ihre provozierende Frage mit Argumenten, die für mich nachvollziehbar waren, geantwortet. Ich hätte Ihre Frage zurückgewiesen!“
Fachliche Kompetenz und Klarheit in den AfD-Reden im Bundestag
„Sie werfen der AfD vor, sie habe Dinge, die sie ihren Wählern im Wahlkampf versprochen habe, noch nicht realisiert. Da muss Ihnen entgegengehalten werden, dass die übrigen Parteien alles versuchen (siehe oben), dass der AfD die Hände gebunden werden, irgendeinen Einfluss auszuüben. Wenn Sie sich – fairerweise müssten Sie das ja tun – mal das ansehen, was die übrigen Parteien in den letzten vier Monaten zustandegebracht haben, dann werden Sie feststellen: Nichts. Sie haben sich – bisher erfolglos – mit der Regierungsbildung befasst. Können Sie darin etwas Produktives erkennen? Ich nicht. Was ich aber feststelle, sind ganz ausgezeichnete Redebeiträge von AfD-Angehörigen, sowohl auf Bundes‑, als auch auf Landesebene, die sich durch fachliche Kompetenz und Klarheit in der Rede auszeichnen. Von einer neuen Debattenkultur im Deutschen Bundestag schreibt die ‚Neue Zürcher Zeitung‘: Ja, die war auch dringend notwendig.“
Rat zu fairer Berichterstattung
„Nun noch einmal zu Ihnen selbst: Wenn die AfD für die Abschaffung der Rundfunkbeiträge in Ziffer 7.5 ihres Grundsatzprogramms plädiert und das auch begründet hat – Sie wissen das sicher –, könnte schlagartig auch ihr eigener, vermutlich nicht schlecht dotierter Dienstposten in Frage stehen. Vielleicht ist das eine Erklärung für Ihre einseitigen Fragestellungen. Derzeit ist es ja so, dass Ihr Einkommen von den rund sechs Millionen AfD-Wählern mitbezahlt wird. Man sollte Ihnen zu einer fairen Berichterstattung raten.“
Ausreden lassen, nicht unterbrechen
„Und noch eines zu Ihnen: In meiner Jugend – das ist nun schon 75 Jahre her – hat man mir in der Kinderstube beigebracht, dass man zu schweigen hat, wenn ein anderer redet. Bei Ihnen, Sie haben insofern die ‚Gnade einer späten Geburt‘, war es Mitte der 60er Jahre wohl nicht mehr so. Bei jeder Ihrer Redeunterbrechungen von Herrn Dr. Gauland habe ich einen Strich auf einen Zettel gemacht. Beim Zählen waren es dann 14!

Mit freundlichen Grüßen

Karin Zimmermann

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