Aufsatz des Monats

Ein Gastbeitrag:

Josef Kraus ist viel gefragter Bildungsexperte und Buchautor. Er war bis Juni 2017 mehrere Jahrzehnte Präsident des Deutschen Lehrerverbandes.

Letzter Beitrag aus der Serie: Aufsatz des Monats

6. Die Grenzen der Toleranz sind dort, wo Intoleranz beginnt.

Mit der Gesinnungsdiktatur einer „Political Correctness“ geben wir Europa preis. Das tun selbst die sog. Bürgerlichen in diesem unserem Lande. Es fehlt der Kompass, es fehlt ein Wertekanon; statt Prinzipien gibt es Situations-Ethik. Aus reiner Bequemlichkeit oder aus Sorge, einmal einen kritischen Kommentar eines „Gutmenschen“ zu bekommen, beugt man sich dem „Mainstream“. Damit aber wird die „Schweigespirale“ weitergedreht. Toleranz wird damit zur Farce. Dabei dürfte eines klar sein: Begegnen sich Toleranz und Intoleranz, siegt die Intoleranz. Oder mit anderen Worten: Toleranz endet dort, wo sie Intoleranz zu dulden beginnt.
Konkret: Eine schleichende Islamisierung bestimmter Gegenden und Stadtteile in Deutschland darf nicht mit dem naiven Argument der „Bereicherung“ geduldet werden. Für den Holocaust-Überlebenden Ralph Giordano wäre dies „Duckmäuserei“ (FAZ, 3.5.2009). Wir müssen auch aufräumen mit dem Mythos vom toleranten Islam, z.B. in Spanien (912 – 1031). Allein die Schädelminarette sind Beweis gegen die Annahme des toleranten Islams.

7. Identität entspringt konzentrischen Identitätskreisen.

Der Kern von Identität schöpft aus der Familie. Darum herum folgt als erster und nächster konzentrischer Kreis die Heimat, dann die Nation, dann Europa, dann ggf. ein Weltbürgertum. Mit anderen Worten: Europäische Identität und nationaler Patriotismus sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Europäische und nationale Identität sind zwei Seiten ein und derselben Medaille namens „Identität“. Ortega y Gasset beschreibt es 1929 so: „Machten wir heute eine Bilanz unseres geistigen Besitzes …, so würde sich herausstellen, dass das meiste davon nicht unserem jeweiligen Vaterland, sondern dem gemeinsamen europäischen Fundus entstammt. In uns allen überwiegt der Europäer bei weitem den Deutschen, Spanier, Franzosen …; vier Fünftel unserer inneren Habe sind europäisches Gemeingut.“
Dies bekommen die jungen Leute zu wenig vermittelt. Aber gerade die junge Generation braucht einen Impuls zur Entwicklung einer zugleich nationalen und europäischen Identität. Die Basis dafür wäre ein Verständnis von einem Europa der Vaterländer (de Gaulle).Hierzu würde sogar die Vorstellung von einem europäischen Patriotismus passen, nämlich europäische und nationale Identität nicht als Gegensatz, sondern als Ergänzung. Es ist auch ein Irrweg zu glauben, man könne Patriotismus auf Verfassungspatriotismus reduzieren. Denn Verfassungspatriotismus erfasst nur das bloße rationale Bekenntnis zu einem Rechtssystem. Damit aber sind keine emotionalen Bindungen gestiftet. Nur Verfassungspatriotismus, das wäre so, wie wenn man das Fußballspiel nur wegen seiner Regeln mögen dürfte.
Das impliziert, dass ein Staat, wie es die EU-Staaten sind, Grenzen haben darf. Peter Sloterdijk spricht davon, dass wir ein Lob der Grenze verlernt haben. Er kritisiert die typisch deutsche Haltung, eine Grenze sei dazu da, sie zu überschreiten. Sloterdijk weiter: Es gibt keine moralische Pflicht zur Grenzenlosigkeit oder gar zur Selbstzerstörung.
Jedenfalls wäre für Europa nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den USA und im Nahen Osten also das Motto angesagt: „Make Europe Great Again!“

Josef Kraus

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